Der Wunsch, das Arbeitsleben vor der gesetzlichen Regelaltersgrenze von 67 Jahren zu beenden, ist weit verbreitet. Begriffe wie “Rente mit 63” oder “Rente mit 65” sind dabei in aller Munde. Doch wer kann diese Optionen wirklich nutzen? Und noch wichtiger: Geht das ohne finanzielle Einbußen?
Die Antwort hängt von einer entscheidenden Zahl ab: der Anzahl Ihrer Beitragsjahre in der Deutschen Rentenversicherung. Ob Sie 35 oder 45 Jahre vorweisen können, eröffnet Ihnen zwei völlig unterschiedliche Wege in den frühen Ruhestand. Dieser Leitfaden erklärt Ihnen detailliert, welche Möglichkeiten Sie haben.
Die zwei Wege in die Frührente: 35 oder 45 Jahre?
Bevor wir ins Detail gehen, ist es wichtig, die beiden grundlegenden Rentenarten für den Frühruhestand zu unterscheiden:
- Altersrente für langjährig Versicherte: Diese Option steht Ihnen nach 35 Versicherungsjahren offen. Sie bietet Flexibilität, ist aber fast immer mit finanziellen Abzügen verbunden.
- Altersrente für besonders langjährig Versicherte: Dies ist der “goldene Weg” für alle mit 45 Versicherungsjahren. Diese Rente ist immer abschlagsfrei, jedoch ist das Eintrittsalter hierfür nicht mehr pauschal 63 Jahre.

Option 1: Die Rente für langjährig Versicherte (nach 35 Beitragsjahren)
Diese Rentenart ist die am häufigsten genutzte Möglichkeit für einen vorgezogenen Ruhestand.
Wer hat Anspruch?
Jeder, der mindestens 35 Jahre an anrechenbaren Zeiten in der Rentenversicherung gesammelt hat. Anders als bei der 45-Jahres-Regelung zählen hier auch Schul- und Studienjahre (bis zu acht Jahre) mit.
Ab wann ist der Renteneintritt möglich?
Sie können diese Rente frühestens mit 63 Jahren in Anspruch nehmen.
Der Haken: Die Rentenabschläge
Die Flexibilität hat ihren Preis. Für jeden Monat, den Sie vor Ihrer persönlichen Regelaltersgrenze in Rente gehen, wird Ihre Rente lebenslang um 0,3 % gekürzt.
Beispiel:
Für den Jahrgang 1964 liegt die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren.
- Rente mit 63: Sie gehen 48 Monate früher in Rente. Ihr Abschlag beträgt 14,4 % (48 x 0,3 %).
- Rente mit 65: Sie gehen 24 Monate früher. Ihr Abschlag beträgt 7,2 % (24 x 0,3 %).

Option 2: Die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte (nach 45 Jahren)
Diese Option wird oft fälschlicherweise pauschal als “Rente mit 63” bezeichnet. Dies ist jedoch nur noch für die wenigsten zutreffend.
Wer hat Anspruch?
Sie benötigen exakt 45 Jahre an anrechenbaren Beitragszeiten. Wichtig: Schul- und Studienzeiten werden hier, im Gegensatz zur 35-Jahres-Regel, nicht mitgezählt.
Warum die “Rente mit 63” nicht mehr mit 63 ist
Der Name “Rente mit 63” stammt aus der Anfangszeit dieser Regelung, als alle vor 1953 Geborenen tatsächlich mit 63 Jahren abschlagsfrei gehen konnten. Für alle jüngeren Jahrgänge wird dieses Eintrittsalter jedoch schrittweise angehoben. Für den Jahrgang 1961 liegt die Grenze beispielsweise bei 64 Jahren und 6 Monaten. Für alle, die 1964 oder später geboren sind, ist der abschlagsfreie Renteneintritt mit dieser Regelung erst mit 65 Jahren möglich.
Tabelle: Ihr abschlagsfreier Rentenbeginn (nach 45 Jahren)
Geburtsjahr | Abschlagsfreier Rentenbeginn mit |
---|---|
bis 1952 | 63 Jahre |
1953 | 63 Jahre + 2 Monate |
1954 | 63 Jahre + 4 Monate |
1955 | 63 Jahre + 6 Monate |
1956 | 63 Jahre + 8 Monate |
1957 | 63 Jahre + 10 Monate |
1958 | 64 Jahre |
1959 | 64 Jahre + 2 Monate |
1960 | 64 Jahre + 4 Monate |
1961 | 64 Jahre + 6 Monate |
1962 | 64 Jahre + 8 Monate |
1963 | 64 Jahre + 10 Monate |
ab 1964 | 65 Jahre |

Wichtig: Diese Rentenart kann nicht, auch nicht mit Abschlägen, vor dem für Sie geltenden Alter angetreten werden.
Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick
Merkmal | Rente nach 35 Jahren | Rente nach 45 Jahren |
---|---|---|
Benötigte Beitragsjahre | Mindestens 35 | Mindestens 45 |
Frühester Beginn | Ab 63 Jahren | Abhängig vom Geburtsjahr (63–65) |
Abschläge? | Ja, 0,3 % pro Monat vor Regelaltersgrenze | Nein, immer abschlagsfrei |
Anrechenbare Schul-/Studienzeiten? | Ja | Nein |
Kann ich trotz Frührente weiterarbeiten?
Ja, das ist problemlos möglich. Seit 2023 wurden die Hinzuverdienstgrenzen für vorgezogene Altersrenten komplett abgeschafft. Sie können also Ihre Rente mit 63, 64 oder 65 beziehen und gleichzeitig unbegrenzt weiterarbeiten, ohne dass Ihre Rente gekürzt wird. Dies gilt jedoch nicht für Erwerbsminderungs- oder Witwenrenten.
Fazit: Planen Sie Ihren frühen Ruhestand sorgfältig
Der Traum von der Rente mit 63, 64 oder 65 ist für viele realisierbar, aber die Bedingungen sind klar definiert. Der Schlüssel liegt in der Anzahl Ihrer Versicherungsjahre.
- 35 Jahre bieten Ihnen die Flexibilität, ab 63 in den Ruhestand zu gehen, aber diese Freiheit hat durch die Rentenabschläge einen finanziellen Preis.
- 45 Jahre sind das goldene Ticket für einen früheren Ruhestand ohne jegliche Abzüge, wobei das genaue Eintrittsalter von Ihrem Geburtsjahr abhängt.
Bevor Sie eine Entscheidung treffen, ist es unerlässlich, eine aktuelle Rentenauskunft bei der Deutschen Rentenversicherung anzufordern und sich individuell beraten zu lassen. Nur so können Sie den für Sie besten und finanziell tragfähigsten Weg in den Ruhestand finden.